Tödliches Kommando

Tödliches Kommando

2009 war er der Oscar-Abräumer des Jahres: Kathryn Bigelows Film Tödliches Kommando. Das Kriegsdrama gewann nach 11 Nominierungen ganze 6 Academy Awards, unter anderem für den besten Film, die beste Regie und das beste Originaldrehbuch. Nachdem die Academy sich oftmals und vor allem in den 90er Jahren nur fröhlich selbst zelebrierte ohne sich groß um die filmische Qualität ihrer Gewinner zu scheren, zeigt der Trend in den letzten Jahren zum Glück wieder in positive Richtungen. Auch Tödliches Kommando gehört zu den guten Filmen, deren Auszeichnung nicht unverdient ist.

Es ist das Jahr 2004, die Nachkriegszeit des dritten Golfkrieges im Irak. Sergeant JT Sanborn (Anthony Mackie) und Specialist Owen Eldridge (Brian Geraghty) arbeiten unter der Führung von Staff Sergeant Matt Thompson (Guy Pearce) beim EOD (Explosive Ordnance Disposal, „Kampfmittelbeseitigungsdienst“) der US Army als Bombenentschärfungskommando. Als jedoch Thompson während einer Entschärfungsmission durch eine Explosion stirbt, muss die Rolle des Teamleaders ersetzt werden. Die Army sieht dafür Sergeant First Class William James (Jeremy Renner) vor, einen Draufgänger, der im Gegensatz zu seinem Vorgänger viel weniger auf seine Sicherheit und die seines Teams bedacht ist, sondern stattdessen immer wieder den Einsatz und damit das Leben seiner Männer gefährdet. So geht es von Mission zu Mission durch den Alltag eines EOD-Teams, bei dem Sergeant James nach und nach erkennt, was sein Dasein tatsächlich erfüllt.

Bigelows Film nimmt sich für einige Szenen enorm viel Zeit. So sind die Entschärfungen beispielsweise oft ein mitreißendes Warten und Bangen, während sich die Spannung immer weiter steigert. Auf der anderen Seite gibt’s ein Scharfschützenduell in der Wüste, das eine gefühlte Ewigkeit zu dauern scheint und gegen Ende eher an Spannung einbüßt. Nichtsdestotrotz sind es gerade diese Szenen, die so viel interessanter Erscheinen als die hundertsten Schusswechsel in unendlich vielen anderen Filmen mit Kriegsszenario. Bereits Jarhead (Sam Mendes, 2005) zeigte, dass man Kriegsthematik intensiv und vielschichtig darstellen kann, ohne mit Non-Stop-Action auf den Zuschauer einzuhämmern. Im Gegensatz dazu ist Tödliches Kommando zwar weit weniger humorvoll, aber dafür umso spannungsgeladener. An der Plotgestaltung mag man vielleicht die episodische Geradlinigkeit kritisieren, da Sergeant James und sein Team eigentlich nur von einer Mission zur nächsten fahren, um sich mit den entsprechenden Problemen auseinanderzusetzen, und diese Struktur nur selten wie beispielsweise durch einen Hinterhalt in der Wüste oder einen nächtlichen Einbruch durchbrochen wird; dagegen halten muss man aber, dass sich klassische Spannungsbögen und Hollywoodplots im tatsächlichen Kriegsgeschehen erst recht nicht finden lassen und Bigelows Film somit in Wirklichkeit ein relativ authentisches Bild wiedergibt. Schade ist allerdings, dass an dieser Authentizität die letztlich doch zu positive Darstellung der US-Truppen und eine damit einhergehende Verharmlosung des Soldatentums zu einer unreflektierten Reihe von Heldentaten kratzt.

Die Grausamkeit des Krieges in der erdrückenden Hitze des nahen Ostens zeigt sich zwar in jeder Szene, ist aber eigentlich nicht der Kern von Tödliches Kommando. Es scheint viel mehr darum zu gehen, wie der Krieg einen Menschen verändert, wie er die einen in Abgründe stürzt und wie er andere – hier Sergeant James – ihre Erfahrungen an Normalität gewinnen lässt, während sie sich anschließend in ihrem ursprünglichen, geregelten Umfeld wie ein Fremdkörper fühlen. Diese Entwicklung muss graduell geschehen, wenngleich man Bigelow vorhalten muss, diese Veränderung zu abrupt dargestellt zu haben. Einigen solcher kleinen Mängel zum Trotz, ist Tödliches Kommando ein packendes Kriegsdrama, das sich erfreulich von den immer wieder aufgekochten Genrevertretern abhebt.

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