Die Produktion von July Jungs Debütfilm A Girl at My Door wandelte auf schmalem Grat, denn die uneindeutige Beziehung zwischen den beiden Protagonistinnen verschreckte potentielle Geldgeber. Das hauptsächlich aus Fördermitteln des Korean Film Council bestehende Budget war deshalb auf umgerechnet 300.000$ begrenzt; die Hauptdarstellerinnen Bae Doona und Kim Sae-ron verzichteten freiwillig auf ihre Gehälter, um ihren Teil beitragen zu können. Ein Glück, könnte man sagen, denn es sind besonders die herausragenden Schauspielleistungen, die den Film tragen.
Die Handlung versetzt uns und Polizistin Lee Young-nam (Bae Doona) in ein stilles Fischerdörfchen auf der südlichen Halbinsel Yeosu. Als Chefin des örtlichen Reviers bekommt sie es im Dienst mit dem gelegentlichen betrunkenen Aufruhr der Dorfbewohner zu tun, nach Feierabend etränkt sie den einsamen Frust ihrer Vergangenheit selbst im Alkohol. Eines Tages trifft sie auf die vierzehnjährige Sun Do-hee (Kim Sae-ron), ein zurückgezogenes Mädchen, das von ihren Klassenkameraden gehänselt und von ihrem gewalttätigen Stiefvater Park Yong-ha (Song Sae-byeok) allabendlich mit blauen Flecken versehen wird. Der Rest des Dorfes ignoriert die Misshandlung, wohlwissend, dass Parks Fischereibetrieb hauptverantwortlich für ihr Einkommen ist. Aus Sorge um ihre Sicherheit, nimmt Young-nam Do-hee während der Sommerferien bei sich auf.
Unter argwöhnischen Blicken der konservativen Dorfgemeinschaft, ensteht aus dem Beisammensein des jungen Mädchens und der Polizistin etwas wunderbar Zwischenmenschliches, das beiden Frauen gefehlt hat. Ohnehin hat Young-nam nicht nur mit unangenehmen Vorurteilen bezüglich ihres Geschlechts und ihrer Authorität zu kämpfen, sondern auch mit weiteren Problemen, die A Girl at My Door wie eine Sammlung relevanter gesellschaftlicher Fragen Koreas in diese abgelegene Kleingesellschaft transferiert. Hier konfrontiert Regisseurin Jung ihre Zuschauer mit gewichtigen Themen wie Alkoholismus, Homosexualität, Migration und eben Kindesmisshandlung.
Nicht nur das Drehbuch bewegt sich als subtile Mischung aus Drama und Thriller leichtfüßig zwischen all diesen Elementen ohne sich zu verheben, auch die beiden Hauptdarstellerinnen und vor allem Bae Doona verkörpern ihre zwischen nachhaltigen inneren und äußeren Konflikten hin- und hergerissenen Seelen mehr als nur überzeugend. Bae, die schon in The Host (Bong Joon-ho, 2006) und Cloud Atlas (Lana & Andy Wachowski, 2012) zu überzeugen wusste, zeigt als aufgewühlte Polizistin die beste Leistung ihrer Karriere. Und auch Kim Sae-ron hat ihre darstellerische Reichweite in den vier Jahren seit The Man From Nowhere (Lee Jeong-beom, 2010) noch einmal erhöht.
Da die Spannung durchgehend aus dem Zusammenspiel der Figuren entstehen, hat der Film es auch nicht nötig, künstlich das Tempo anzuziehen. Jung gelingt es nämlich, wie selbstverständlich die starke Emotionalität zu jedem Zeitpunkt spürbar zu machen. A Girl at My Door ein kleines Arthousedrama mit großem Effekt und zweifellos einer der besten koreanischen Filme des vergangenen Jahres.
Originaltitel: Dohee-ya
Regie: July Jung
Drehbuch: July Jung
Produktionsland: Südkorea
Produktionsjahr: 2014
Copyright der Bilder: CJ Entertainment
Oh, der klingt spannend! Kim Sae-ron habe ich in „The Man From Nowhere“ ja schon alles abgekauft, dann gibt es ja Grund zur Freude.
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