Wenn das Poster bereits von einem riesigen Kampfroboter geziert wird, schürt Expelled from Paradise sicher bereits einige Erwartungen an Kenner von Mecha-Animes, einem beliebten Genre, das schon so viele Serien und Filme hervorgebracht hat, dass es kein leichtes Unterfangen ist, dem Zuschauer eine nicht schon zigfach aufgewärmte Erfahrung zu bieten. Beginnt Seiji Mizushimas Film noch als pubertärer Krawall, der seine unnötig leicht bekleidete Protagonistin in ihrem Mecha gegen eine Monsterhorde kämpfen lässt, überrascht er bald darauf mit seiner zurückhaltenden, nachdenklichen Art, bei der die Action sich erst einmal hinten anstellen muss, weil die Figuren wichtigere Dinge zu besprechen haben, wie Fragen nach Mensch und Menschlichkeit zwischen biologischen Körpern auf einem sterbenden Planeten und digitalisiertem Bewusstsein in einer virtuellen Welt.
Die Handlung dreht sich um Eliteagentin Angela Balzac (Rie Kugimiya), die für die Security der orbitalen Station Deva arbeitet, in der inzwischen 98% der menschlichen Bevölkerung in virtuellen Körpern leben. Die restlichen 2% leben in den Ruinen und Wüsten der Erde. Der Planet spielt keine Rolle mehr und doch wurde von dort eine Übertragung gesendet, die Devas Sicherheitsnetz umgeht und die Menschheit dazu aufruft, sich einem Generationenschiff anzuschließen, um das Weltall zu bereisen. Der unbekannte Sender nennt sich sich Frontier Setter (Hiroshi Kamiya) und ist Devas Regierung ein Dorn im Auge. Kurzerhand wird aus Angelas gespeicherter DNA ein Klonkörper erstellt, mit dem sie zur Erde hinabfliegen und den möglichen Terroristen ausfindig machen soll. Vor Ort wird sie von Dingo (Shinichiro Miki) unterstützt, einem Mann, der seinen Körper und seine Heimat noch nicht aufgegeben hat und vom posthumanistischen Konzept Devas eher wenig hält.
Posthumanismus ist auch das Stichwort, wenn sich Expelled from Paradise nach einem Skepsis hervorrufenden Beginn allmählich zum philosophischen Dialog wandelt. Statt auf stumpfe Roboter-Action zu setzen, drosselt der Film bewusst sein Tempo und konzentriert sich auf den Gedankenaustausch seiner Protagonisten, bei dem förmlich Welten aufeinander treffen. Mizushima ist an Argumenten interessiert, die sowohl für, als auch gegen das Überwinden der biologischen Grenzen und den Übergang in eine digitalisierte Gesellschaft sprechen. Angela lernt auf dieser Erkenntnisreise, dass das menschliche Leben auf der Erde nicht ausschließlich negativ und als rückständig zu betrachten ist, während sich Dingo damit arrangieren kann, dass in Deva-Agenten mehr steckt, als die Vorurteile vermuten lassen. Später gesellt sich zu der Thematik noch ein weiterer Aspekt der Menschheitsfrage hinzu, der künstliche Intelligenzen und ihre Entwicklungen in Richtung Menschlichkeit beleuchtet.
Wer tatsächlich auf geballte Action aus ist, wird möglicherweise zumindest quantitativ enttäuscht. Später, wenn die Spannung des Plots noch einmal im letzten Drittel anzieht, gibt es zwar ordentlich Wumms und Materialschäden in dynamischer Inszenierung, aber zu diesem Zeitpunkt hat Expelled from Paradise längst verdeutlicht, dass sein Fokus auf den philosophischen und gesellschaftlichen Implikationen seines Settings liegt und dieses nicht nur als Vorwand für explosionsreiche Mecha-Gefechte nimmt. Mizushima ist ein interessanter Science-Fiction-Anime gelungen, der vielleicht nicht die intellektuelle Tiefe und das stilsichere Design eines Ghost in the Shell (Mamoru Oshii, 1995) erreicht, aber gerade für Fans dieses und ähnlicher Filme definitiv einen Blick wert ist.
Originaltitel: Rakuen tsuihou
Regie: Seiji Mizushima
Drehbuch: Gen Urobuchi
Produktionsland: Japan
Produktionsjahr: 2014
Copyright der Bilder: Toei Company
Das klingt vielversprechend! Gerade wenn vergleichsweise wenig Action vorkommt, dürfte es meinen derzeitigen Geschmack treffen.
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