Seit Love Exposure (2008) sind inzwischen sechs Jahre vergangen. Regisseur Sion Sono, Japans radikalster Filmemacher der Gegenwart, drehte seitdem zahlreiche starke Filme wie Be Sure to Share (2009), Cold Fish (2010), Guilty of Romance (2011), Himizu (2011), und Land of Hope (2012), doch keiner davon erreichte die gleiche Verspieltheit wie sein vierstündiges Epos. Bis jetzt.
Denn mit seinem neuesten Streich Why Don’t You Play in Hell? treibt er einmal mehr alles auf die absolute Spitze. Wie entfesselt lässt Sono seine Figuren aufeinander los, um den Zuschauer mit der wahnsinnigsten und brutalsten Actionkomödie der vergangenen Jahre zu konfrontieren.
Der Film handelt von den zwei verfeindeten Gangsterbossen Muto (Jun Kunimura) und Ikegami (Shinichi Tsutsumi). Während Ikegami heimlich in Mutos Tochter Michiko (Fumi Nikaidō) verliebt ist, versucht Muto seiner im Gefängnis sitzenden Frau den Traum zu erfüllen, Michiko in einem Film mitspielen zu sehen. Geld spielt dabei keine Rolle. Und wie wäre es wohl, zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen und gleichzeitig seinen Rivalen ein für allemal zu erledigen? Der zufällig in die Geschichte geratene Koji (Gen Hoshino) wird fälschlicherweise für den zuständigen Regisseur gehalten und soll den Film inszenieren, obwohl er von der Materie nicht die geringste Ahnung hat. Zum Glück stößt er auf eine erfolglose Gruppe Amateurfilmer um den enthusiastischen, zum Wahnsinn neigenden Hirata (Hiroki Hasegawa). Dieser hat auch bereits konkrete Vorstellungen, wie er zwei Yakuzabanden im ultimativen, nie da gewesenen Showdown aufeinander treffen lässt.
Ultimativ und nie da gewesen trifft letztlich auch auf die Inszenierung Sonos zu, was die eigentliche Thematik von Why Don’t You Play in Hell? angeht. Es ist eine irrwitzige Komödie, oh ja, aber vor allem ein Film über das Medium an sich und über die Leidenschaft als Filmemacher. Die Grenzen zwischen Film und Wirklichkeit verschwimmen, wenn sich Yakuza als Filmcrew betätigen und das brutale gegenseitige Gemetzel zu jedem Zeitpunkt immer auch filmisch festhalten. In vollkommen absurder, aber gleichermaßen ehrlicher Weise bedingen sich der Film und das Leben gegenseitig, wenn der Dreh echte Handlungen und Emotionen lenkt, die grausamen Auseinandersetzungen jedoch im selben Augenblick Opfer bei allen Beteiligten, sowohl vor, als auch hinter der Kamera fordern. Wenn der junge Regisseur Hirata und seine Freunde dieses groteske Szenario voller Elan als letzte große Chance begreifen, sich unsterblich in der Filmgeschichte zu verewigen, steckt darin eine Anerkennung des Mediums, wie sie in solchen Ausmaßen nur in einem Metafilm wie diesem zum Vorschein kommen konnte. Spürt man das zwar ebenso bei den Klassikern eines Federico Fellini oder eines François Truffaut, verkörpert die Figur des Hirata als Sonos Alter Ego, hier die radikale Hingabe, mit welcher der Japaner immer wieder Grenzen einreißt, um seinen wilden Ideen freien Lauf zu lassen. Darin steckt bewusst keine Subtilität. Ob die extreme Abgedrehtheit jedem Filmfan schmeckt, darauf kann und darf Sono selbstverständlich keine Rücksicht nehmen.
Why Don’t You Play in Hell? ist somit die Liebeserklärung an das Kino schlechthin, eine Ode an 35mm, eine Abhandlung über die japanische Filmkultur und eine Persiflage auf ihre populärsten Genres, den Samurai- und den Yakuza-Film. Er ist zugleich auch eine Geschichte über Träume, über Liebe, über Ambitionen; ein Statement zum Verhältnis zwischen Macher und Werk, die Inszenierung eines unvergleichen Lebensgefühls und purer, filmgewordener Wahnsinn.