Gentlemen Broncos

Gentlemen Broncos

Mit einem Budget von nur 400.000$ gedreht, wurde die Highschoolkomödie Napoleon Dynamite (2004) überraschend zu einem Millionenerfolg für Jared Hess. Sein zweiter Film, mexikanischer Wrestling-Klaumauk Nacho Libre (2006) konnte daran jedoch nicht anknüpfen. Gentlemen Broncos heißt schließlich sein drittes Werk, mit dem er sich an eine Mischung aus Coming-of-Age und Sci-Fi-Trash wagt; gewohnt obskur, aber auch lustig?

Im Leben von Benjamin Purvis (Michael Angarano) ist nicht viel los. Wenn er nicht gerade im Laden seiner Mutter, einer eher mäßig erfolgreichen Nachthemd-Designerin aushilft, verbringt er seine Zeit mit dem Lesen und Schreiben von Science-Fiction-Geschichten. Als sich ihm die Möglichkeit bietet, sein Idol, den berühmten Schriftsteller Dr. Ronald Chevalier (Jemaine Clement) zu treffen, nimmt er an einem Autorenworkshop teil, um sein aktuelles Manuskript einzureichen. Tatsächlich kämpft Chevalier allerdings darüber hinaus mit seiner persönlichen Schreibblockade, die er dreisterweise nur so überwindet, indem er den eingereichten Text, der ihm unter allen Teilnehmern des Workshops am besten gefallen hat, zu seinem eigenen Buch umschreibt. So wird aus Yeast Lords von Benjamin Purvis kurzerhand Brutus and Balzaak, das neueste Werk des großen Ronald Chevalier.

Neben dieser Handlung, die prinzipiell schönes Konfliktpotential birgt, ist einer der interessantesten Aspekte, dass Jared Hess sowohl den Inhalt von Benjamins Geschichte, als auch die umgeschriebene Version von Chevalier für den Zuschauer visuell aufbereitet. So kommt man in den Genuss, die leicht trashigen Weltraumabenteuer Broncos – oder je nachdem Bruts‘ – zu sehen, in denen sich Sam Rockwell durch charmant billige Kulissen kämpft und es mit skurriler Technologie, eigenartigen Kostümen und schießwütigen Aliens zu tun bekommt. Darüber hinaus dreht sich Gentlemen Broncos statt um den eigentlichen Benjamin-Chevalier-Konflikt erst noch um die semiinteressanten Probleme von Benjamins Mutter, eine kleine Liebesgeschichte mit dem vermutlich ekligsten Kuss der Filmgeschichte und den teilweise zähen Versuch, sein Manuskript als Low-Budget-Produktion zu verfilmen.

Rufen die Science-Fiction-Abschnitte als verspielte Parodien alter Filme und Literatur des Genres noch ein Schmunzeln hervor, krankt der Rest leider ein wenig daran, dass viele kleinere Handlungssegmente angerissen werden, während der eigentliche rote Faden mehr und mehr in den Hintergrund zu rücken scheint. So wird das unausweichliche Aufeinandertreffen zwischen Benjamin und Chevalier unnötig hinausgezögert, weil sich der Film in den Wirren seines eigenen Drehbuches zu verlieren droht. Kann man darüber hinwegsehen, bekommt man aber sehenswerte Charaktere geboten, deren sonderbare Eigenheiten weder unauffällig, noch überbordend sind, weil Hess ein gutes Händchen bewies und das richtige Maß gefunden hat. Vielleicht bleibt genau deshalb umso bitterer das Gefühl von ungenutztem Potential, weil es gerade die besseren Figuren des Ensembles sind, die der Regisseur zu spät gegeneinander ausspielt, denn sowohl der sympathische, verträumte Außenseiter Benjamnin, als auch die arrogante und eher zweifelhaft kompetente Autorenlegende Chevalier füllen ihre Szenen zufriedenstellend aus.

Was bleibt, ist eine Komödie, die in ihren besten Momenten gekonnt trashige Sci-Fi vergangener Dekaden parodiert, jedoch außerhalb der Fiktion in der Fiktion mit einem geradlinigeren Skript weniger das Gefühl von Ziellosigkeit vermittelt hätte. Kann man sich grundsätzlich mit Hess‘ Humor anfreunden, bietet Gentlemen Broncos unterm Strich dennoch genügend sehenswerte Szenen, um als amüsante Abendunterhaltung empfohlen zu werden – wenn auch nicht uneingeschränkt.

Moon

Moon

„If you promise to read it I’ll write something for you“, sagte Duncan Jones zu Sam Rockwell, nachdem sie sich 2006 nicht einig werden konnten. Jones hatte Rockwell nämlich das Script zu „Mute“, einem Projekt, das er zu seinem Debütfilm machen wollte, vorgelegt. Er hatte darin eine bestimmte Rolle auf Rockwell zugeschnitten, doch dieser hatte Gefallen an einer anderen gefunden und die ursprünglich für ihn vorgesehene Rolle abgelehnt. Duncan Jones kam neun Monate später mit einem neuen Script an, das er extra für Sam Rockwell geschrieben hatte und daraus wurde schließlich einer der besten Science-Fiction-Filme seit langem: Moon.

Astronaut Sam Bell (Sam Rockwell) arbeitet für den Konzern Lunar Industries als einziger Mensch auf der Mondbasis Sarang (korean. für „Liebe“), die dazu errichtet wurde, auf dem Erdtrabanten Helium-3 abzubauen, eine wichtige Energiequelle für die Erde. Unterstützt wird Sam dabei von der künstlichen Intelligenz GERTY (gesprochen von Kevin Spacey). Wegen eines beschädigten Kommunikationssatelliten, dessen Reparatur für die Firma nicht besonders wichtig zu sein scheint, kann Sam mit der Erde nur über aufgenommene Nachrichten in Kontakt treten und keine Live-Übertragung herstellen. Zwei Wochen vor Ablauf seines dreijährigen Arbeitsvertrags, beginnt Sam immer häufiger zu halluzinieren. Ein junges Mädchen zeigt sich ihm immer öfter auf der Station. Auf der Mondoberfläche kommt es durch diese Wahnvorstellungen zu einem Unfall, als Sam mit seinem Mondmobil in eine der großen Helium-3-Erntemaschinen kracht. Anschließend wacht er auf der Krankenstation der Station auf, doch GERTY verhält sich fortan verdächtig. Nachdem es Sam gelingt, die Station entgegen GERTYs Willen zu verlassen, kehrt er zum Unfallsort an die Erntemaschine zurück und macht eine überraschende Entdeckung: Im zerstörten Mondmobil befindet sich ein Astronaut, der ihm selbst völlig gleicht und sich als weit mehr als nur eine bloße Halluzination herausstellt.

Es ist nicht allzu leicht, über Moon zu schreiben, ohne zu spoilern, denn dieser Film kann so einige Wendungen auffahren, die es in sich haben. Paranoia, Einsamkeit und Hilflosigkeit im All, getragen von einer herausragenden schauspielerischen Leistung Sam Rockwells, machen dieses eher ruhige, psychologische Sci-Fi-Drama zu einem einzigartigen Filmerlebnis. Mit Produktionskosten von lediglich 5 Millionen US-Dollars ist der Film zwar ein eigentlich kleines Indieprojekt, holt aber das beste aus dem Budget heraus. Die Mondbasis ist eine authentisch konstruierte Kulisse, Stationscomputer GERTYs metallener Corpus ist in Nahaufnahmen ein Modell und wird bei Panoramaaufnahmen mit Bewegung per CGI dargestellt, fügt sich jedoch immer außerordentlich gut in die Ästhetik von Moon ein, die ohnehin an vielen Stellen zu überzeugen weiß. Die Erntemaschinen, die das Mondgestein aufwirbeln oder mehrere Totalen, die die Abbauspuren auf der Mondoberfläche zeigen – Duncan Jones‘ Film sieht in jeder Szene hervorragend aus. Die Stimmung wird außerdem vom gewohnt guten Soundtrack Clint Mansells unterstützt, der bereits unter anderem bei Filmen wie Darren Aronofskys Requiem for a Dream (2000) und The Fountain (2006) seine enorme Qualität als Komponist unter Beweis stellte.

Moon ist weder ein Actionspektakel mit Raumschiffschlachten, noch eines mit irgendwelchen extraterrestrischen Katastrophen, die den Weltuntergang herbeiführen könnten, sondern ein ruhiges Drama, bei dem eindeutig die psychologische und die philosophische Komponente überwiegt. Vergleiche mit Stanley Kubricks 2001 – A Space Odyssey (1968) kommen deswegen nicht unbegründet auf. Jones Regiedebüt ist auf alle Fälle einer der besten Science-Fiction-Filme der jüngeren Filmgeschichte, den man unbedingt mal gesehen haben sollte.