Protégé

Protégé - FilmplakatManchmal ist es bloß eine schmale Gratwanderung zwischen Gerechtigkeit und Verbrechen. Das bekommt vor allem Daniel Wu zu spüren, der im Thriller Protégé von Derek Yee zwischen die Fronten gerät.

„Warum nehmen Menschen Drogen?“

Mit dieser Frage sieht sich Undercovercop Nick (Daniel Wu) immer und immer wieder konfrontiert. In den letzten sieben Jahren hat er sich vom kleinen Dealer bis hin zu einem wichtigen Assistenten hochgearbeitet, der für Kwan (Andy Lau), den größten Namen im Hongkonger Heroinmarkt, die Lieferungen verwaltet. Kwan jedoch spürt, dass es bald an der Zeit ist, abzutreten. Als Protégé und potentiellen Nachfolger hat er Nick auserkoren, dessen Infiltration durch die neue, noch wichtigere Rolle, die er spielen muss, nun ernsthaft in Gefahr gerät. Zeitgleich geht der unter Druck stehende Polizist eine gefährliche Beziehung mit der drogensüchtigen Jane (Zhang Jing Chu) ein, die unaufhaltsam auf ihre ganz persönlichen, finsteren Abgründe zusteuert.

Die Ausgangsfrage, die Regisseur Yee in den Raum wirft, wird zum zentralen Motiv seines vielschichtigen Films. Bei den Antworten scheut er nicht davor zurück, einen unvoreingenommenen Blick auf sämtliche Parteien zu werfen. Was bedeutet der Konsum für den Drogenhandel? Was bedeutet der Drogenhandel für die Vorgehensweise des Gesetzes? Und was passiert, wenn ein Individuum mit allen großen und kleinen Blickwinkeln in Kontakt gerät? Seinen Protagonisten lässt er vorsichtig zwischen dem realen polizeilichen Dienst und der Tarnung als kompetenter Aufsteiger im Heroingeschäft agieren. Dass dabei eine menschliche Wirklichkeit, ein Leben, das sich echt anfühlt, auf der Strecke bleibt, lässt er nicht verborgen. Als Thriller zwar natürlich mit Spannungsmomenten versehen, gewährt sich Protégé trotzdem immer wieder die nachdenklichen Momente, in denen sich Nick seiner Emotionalität abseits der gesetzestreuen Pflicht bewusst wird und mit Fragen nach der eigenen Identität in Versuchung gerät.

Es gibt die Droge als Geschäftsmodell, es gibt sie aber auch als tödlichen Lückenfüller in einem von Leere beherrschten Dasein. Beides erfährt Nick aus erster Hand und hinter jedem Konzept stecken reale Menschen mit realen Problemen. Dank Wus authentischer Darstellung und Yees in diesen Schlüsselmomenten sehr behutsamer Regie, gelingt es dem Film auch, diese Dualität ohne moralischen Zeigefinger auszudrücken. So steckt hinter dem Drogenbaron ein Familienmensch und der Konsument, die bloße, gewinnbringende Statistik, wird zu einer greifbaren Person, deren psychische und physische Zerstörung hautnah miterlebt wird. Das ist emotional, ja, aber nie ohne dem Zuschauer die Wahl der Abwägung zu lassen. Protégé ist Hongkong-Kino, das seinen Figuren und seinen Zuschauern wie bereits Infernal Affairs (Andrew Lau & Alan Mak, 2002) mehr Ebenen zutraut, als die üblichen Undercover-Geschichten vermuten lassen.


Originaltitel: Moon to
Regie: Derek Yee
Drehbuch: Derek Yee
Produktionsland: Hongkong
Produktionsjahr: 2007

Copyright der Bilder: EuroVideo

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