Sicario

Sicario - FilmplakatDer derzeit vielleicht gefragteste kanadische Regisseur Denis Villeneuve fügt seinem Œuvre nach seinen 2013 produzierten Thrillern Prisoners und Enemy ein neues, hochspannendes Werk hinzu, in dem er Emily Blunt, Josh Brolin und Benicio del Toro nach Mexiko in den unaufhörlichen, unmenschlichen Drogenkrieg schickt: Sicario.

Eigentlich ist Kate Macer (Emily Blunt) Teil einer SWAT-Einheit des FBI in Tucson, Arizona, die in Entführungsfällen agiert. Als bei einem Einsatz hinter Gipswänden jedoch nicht nur unzählige Opfer eines Drogenkartells entdeckt werden, sondern ein Sprengladungsfund im Gartenschuppen auch noch das Leben zweier ihrer Männer kostet, wird sie vom Regierungsbeauftragten Matt Graver (Josh Brolin) mit dem Versprechen, die Schuldigen zur Rechenschaft zu ziehen, für eine Spezialeinheit rekrutiert. Mit dabei sind auch ihr Kollege Reggie (Daniel Kaluuya) und ein Experte namens Alejandro (Benicio del Toro). Ziel der Taskforce ist es, den Drogenbaron Fausto Alarcon ausfindig zu machen. Ihr Weg führt sie dabei tief ins Herz des endlosen Drogenkonflikts nach Mexiko, in die von Kartellen beherrschte Grenzstadt Juárez.

Dass Villeneuve immer wieder für Spannungsmomente zu haben ist, hat er in seiner Karriere schon mehrfach unter Beweis gestellt, doch Sicario geht noch eine Stufe weiter und entfacht in den stärksten Augenblicken eine Intensität, die den Zuschauer förmlich in den Sitz presst. Wenn sich etwa die Spezialeinheit mit fünf Fahrzeugen durch das molochartige Feindesterritorium in Juárez bewegt und ohne Unterlass wachsam sein muss, um nicht in einen Hinterhalt zu geraten, kann man gar nicht anders, als mit pochendem Herzschlag mitzufiebern. Dafür sorgen nicht zuletzt auch die eindrucksvolle Kameraarbeit von Roger Deakins und der pulsierend, dröhnende Soundtrack von Jóhann Jóhannsson. Die Bilder bleiben dabei erfrischend natürlich; der sonst so hollywoodtypische Gelbfilter für Schauplätze in Mexiko kommt nicht zum Einsatz.

Die Action entfaltet sich in packenden, wuchtigen Sequenzen. Statt aber eine Übersättigung zu riskieren, wählt Villeneuve anhand von Taylor Sheridans geradlinigem, aber durchaus klugen Drehbuch einen Weg, der seinem Plot und seinen Figuren zwischendurch Raum zum Atmen lässt. In diesen Momenten steht vor allem Kate Macers Idealismus im Mittelpunkt, wenn die toughe Polizistin mit der Situation konfrontiert wird, zwar mittendrin im Geschehen, gleichzeitig dennoch nur hilflos passiver Zuschauer in einem Krieg zu sein, der längst bis zur Unaufhaltsamkeit eskaliert ist. Es ist diese Aussichtslosigkeit, diese Unfähigkeit, den Kampf zu gewinnen, die Sicario so faszinierend und bedrückend zugleich macht. Die Grenzen der Gesetzmäßigkeit haben sich zwangsläufig verschoben und nun gilt es, gezieltes Chaos anzurichten, um wenigstens in irgendeiner Form regulierend auf das Geschehen einwirken zu können.

Denis Villeneuve gelingt mit seiner Mischung aus knallhartem Drogenthriller und Ansätzen von Politdrama ein explosives Werk, dessen Bann man sich nur schwer entziehen kann. Wenn der Kanadier nicht vorher schon zum Kreis der großen Thrillerregisseure der Gegenwart gezählt werden konnte, dann spätestens jetzt, nach seinem siebten Film.


Originaltitel: Sicario
Regie: Denis Villeneuve
Drehbuch: Taylor Sheridan
Produktionsland: USA
Produktionsjahr: 2015

Copyright der Bilder: StudioCanal

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6 Gedanken zu “Sicario

  1. Ja. Jaaaa. JAAAAA!

    Ich unterschreibe jedes Wort! Hat mich vorgestern eiskalt abgeholt und es ist verblüffend wie ähnlich sich unsere Meinung ist. Großes, zermartert und desillusioniert zurück lassendes Kino!

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  2. * „Villeneuve-Haterin“ approves* ;)

    Starker Kommi zu einem verflucht guten Thrill. „Sicario“ ist wie ein Tier, das sich nicht zähmen lässt und selbst im Schlussakkord noch mit den Hörnern gefährlich nahe an das Herz des Zuschauers gelangt. Im Prinzip total simpel aufgezogen, aber durch die Handwerkskunst so feingeschliffen. Fantastisch.

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