Underdog

Underdog - FilmplakatDie Hunde sind los! In Kornél Mundruczós finsterem Drama Underdog sind es nicht die Menschen, die im Mittelpunkt stehen, sondern unsere allseits beliebten, vierbeinigen Freunde. Dafür lässt der ungarische Regisseur mal eben rund 200 trainierte Hunde durch Budapests Straßen ziehen, um einen ganz besonderen Film zu kreieren.

Die dreizehnjährige Lili (Zsófia Psotta) wird von ihrem Hund und besten Freund Hagen getrennt, weil ihr Vater (Sándor Zsóter) gehörig die Schnauze voll hat. Kurzerhand wird das Tier auf der Straße ausgesetzt und Lili soll sich gefälligst wieder auf ihren Musikunterricht konzentrieren. Hagen, ganz auf sich allein gestellt, macht sich jedoch daran, die große Stadt zu durchqueren und zu seinem Frauchen zurückzukehren.

Was so schön danach klingt, als erwarte den Zuschauer eine tierische Abenteuergeschichte für die ganze Familie à la Disney, entpuppt sich jedoch als psychisch wie physisch brutales Drama, dem Zartbesaitete wohl eher aus dem Weg gehen sollten. Hungernde Straßenköter, knallharte Hundefänger und skrupellose Trainer für Hundekämpfe stehen zwischen Hagen und seinem Zuhause und sorgen für eindrückliche Bilder, die mit ihrer schmerzhaften Direktheit an Amores Perros (Alejandro González Iñárritu, 2000) erinnern. Für Kinder ist dieser Film trotz liebenswertem Hundeprotagonisten also nichts.

Mundruczó zeigt Budapest als Stadt, in der Hunden mit nur wenig Wetschätzung und Mitgefühl begegnet wird. Der Mensch dominiert das Tier, für das es in dieser Gesellschaft kaum einen Platz zu geben scheint. Hagen steht dabei sinnbildlich für die Misshandlung, die seiner Art widerfährt, für das Ausgestoßenendasein, dem Hundefänger gnadenlos mit Fangdraht und Käfig begegnen. In den Kampfarenen wiederum wird der Vierbeiner zur Investition, zur illegalen Geldanlage, bis sie kaputt geht, wie Müll weggeworfen wird und man sich eine neue beschafft. Es sind unangenehme Bilder, die hinter der menschlichen Fassade der Stadt ein Moloch offenbaren, indem Tiere wie Dreck behandelt werden. Kein Wunder also, dass es kommt, wie es kommen muss, und sich in einem geradezu apokalyptischen Schlussdrittel die „Bestie“ über den Menschen erhebt und in Form eines bildgewaltigen Zuges der Vergeltung für Angst und Schrecken sorgt. In diesen Szenen rennen 200 Hunde durch die panisch geräumten Straßen der Stadt, mit dem Wunsch nach Freiheit und Gerechtigkeit. Surreal anmutende, poetische Szenen, die in ihrer Entstehung ein Höchstmaß an Leistung erforderten. Hut ab also vor Árpád Halász und Teresa Ann Miller, den Trainern dieser großen Masse an Schauspielhunden. Verletzt wurden beim Dreh übrigens trotz wilder, expliziter Gewaltszenen weder Mensch noch Tier.

Underdog ist in Deutschland ab 12 Jahren freigegeben und selbst das ist eigentlich noch großzügig ausgelegt. Was Hagen auf seiner bestialischen Odyssee erlebt, geht förmlich unter die Haut. Doch wer sich diesen Bildern nicht verschließt, der erlebt ein packendes, bewegendes Tierdrama, das bis zur letzten Minute zu faszinieren weiß.


Originaltitel: Fehér Isten
Regie: Kornél Mundruczó
Drehbuch: Kornél Mundruczó, Viktória Petrányi, Kata Wéber
Produktionsland: Ungarn, Deutschland
Produktionsjahr: 2014

Copyright der Bilder: Delphi Filmverleih

Merken

Ein Gedanke zu “Underdog

Kommentieren