Tokyo Godfathers

Tokyo Godfathers

Es sind nun mehr als vier Jahre vergangen, seit mit Satoshi Kon einer von Japans bedeutendsten Animationsfilmemachern viel zu früh aus dem Leben schied. Ein Blick auf sein illustres Schaffen offenbart große Ideen und eine technische Kompetenz, die noch für den ein oder anderen tollen Anime gesorgt hätte. So aber bleibt eine überschaubare Zahl an Filmen, die mal laute, mal leise Töne anschlagen. Zur letztgenannten Kategorie gehört seine beschauliche Tragikomödie Tokyo Godfathers, die sich zwar nicht in aufwändigen Bildwelten wie beispielsweise Paprika (2006) verliert, dafür aber die Schicksale und Gefühle sozialer Außenseiter sprechen lässt.

Der pessisimistische Trinker Gin (Tôru Emori), der homosexuelle Crossdresser Hana (Yoshiaki Umegaki) und die jugendliche Ausreißerin Miyuki (Aya Okamoto) sind Obdachlose, wie sie offenbar unterschiedlicher kaum sein könnten, doch durch die Umstände vereint und sich vielleicht in mancher Hinsicht ähnlicher, als gedacht. Als sie am Weihnachtsabend im Müll auf ein weinendes Baby stoßen, nimmt ihr Leben eine dramatische Wendung. Der einzige Hinweis darauf, die Eltern des ausgesetzten Mädchens zu finden, ist der beigelegte Schlüssel eines Schließfachs.

So mysteriös die Ausgangssituation auch klingt und Grundlage für eine spannende, detektivisch angelegte Geschichte sein könnte, Satoshi Kon schickt seine drei Protagonisten stattdessen lieber auf eine verrückte Reise voller zufälliger Begegnungen durch das verschneite Tokyo, mit stetem Fokus auf beherztem Humor. Die Geschehnisse, unter deren Oberfläche sich sogar tragische Untertöne verbergen, werden mit einer gewissen Leichtigkeit vorgetragen, die die Suche nach den Eltern des Babys zu einer kuriosen Odyssee macht, die in jeder Szene mindestens zum Schmunzeln führt. Dabei wird der Versuch, ein Kind wieder mit seiner Familie zusammenzubringen, vor allem auch zur emotionalen Ergründung des Innersten seiner Protagonisten, die sich mit ihrer eigenen, schmerzlichen Vergangenheit auseinandersetzt sehen und Dinge erkennen, vor denen sie sich zurückgezogen und verschlossen haben.

Die Balance zwischen amüsanten Dialogen und vereinzelten Slapstickeinlagen auf der einen Seite und ernsthaften Problemen auf der anderen meistert Kon ziemlich souverän. Nie wirkt eine der beiden Facetten aufgesetzt oder fehl am Platz, sondern einfach zu jedem Zeitpunkt menschlich, ganz so wie auch das wahre Leben positive und negative Gefühlslagen erzeugt. Daraus gestaltet Kon in seinem visuell vielleicht zurückhaltendsten und dennoch wunderschön gezeichneten Film eine herzerwärmende Tragikomödie, die man am besten im familiären Beisammensein an vorweihnachtlichen Winterabenden anschaut. Ideal dazu: Eine wohlig warme Tasse Tee!

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